Abschlussbericht
An alle: Vielen vielen Dank für eure Unterstützung, ohne die ich in den ersten Wochen bestimmt alles andere als souverän die kleinen und großen Überraschungen gemeistert hätte.
Mittlerweile sind alle vier Kätzchen vermittelt und es ist wieder etwas Ruhe eingezogen. Zeit, Bilanz zu ziehen
1) Hinterher ist man immer schlauer
Rückblickend lässt sich sagen, dass ich trotz aller Vorüberlegungen, alles vorherigen Belesens und Schlaumachens unterschätzt habe, wie viel Energie man tatsächlich in die Aufzucht von Flaschenkindern stecken muss. Sicherlich ist es auch nicht unbedingt ratsam, diese gleich mit vier Tigern zu beginnen.
Vor allem sollte man aber vorher sicher gehen, in dem Tierschutzverein oder dem Tierheim, für den oder das man sich als Pflegestelle einsetzt, einen kompetenten Ansprechpartner hat. Zu "kompetent" zählt hier im Nachhinein für mich auch (bedingt) die finanzielle Situation des Tierheims bzw. der Überlastungsgrad: Je überforderter das Tierheim ist, desto eher könnten Bedenken runtergespielt und wichtige Problempunkte verharmlost werden. Zu Kompetenz zählt eben für mich auch, dass man die Karten auf den Tisch legt.
2) Alles ist relativ.
Ich weiß noch, wie ich in den ersten Tagen dachte "Wenn sie erstmal selbst fressen, wird alles leichter". Später dann "Wenn sie stubenrein sind, hab ich wieder etwas mehr Zeit für mich" oder auch "Wenn sie doch erst laufen könnten, dann können sie sich auch miteinander beschäftigen". Stimmte zwar alles irgendwie, aber mit dem Selbst-Fressen kam auch der Heißhunger, mit der Stubenreinheit musste ich auf einmal die Katzenklos von insgesamt sechs Katzen (vier Zöglinge plus meine eigenen) sauber halten und ja, sobald sie selbst laufen konnten, haben sie sich zwar selbst beschäftigt, aber mich auch immer mit. Schließlich können bei einer Rauferei oder einer gepflegten Verfolgungsjagd nicht nur alle möglichen Möbel und Wohnaccesoires kaputt gehen, sondern auch die Kätzchen selbst.
Trotzdem ist es unglaublich toll, die einzelnen Entwicklungsschritte beobachten zu können und bei jeder neu erklommenen Stufe atmet man ein wenig auf. Abgesehen von der körperlichen Entwicklung der Kätzchen ist es ein echter Schatz, zu entdecken, welches ursprünglich nur mauzende und blinzelnde Fellbündel welche Persönlichkeit in sich trägt.
3) Endlich, endlich: Die Vermittlung
In dieser Phase war ich permanent hin- und hergerissen. Einerseits graute es mir nicht zu knapp davor, mich bald von den Miezen trennen zu müssen, andererseits war auch die Vorstellung verlockend, beim Öffnen der Wohnungstür nicht mehr von sechs Tigern bestürmt zu werden und die erste Stunde zuhause mit Reinemachen, Füttern und der Beseitigung von Unfallschäden zu verbringen. Kurz: Stockholmsyndrom vs. individuelle Freiheit. Was also tun?
Mein Plan: Die Vermittlung selbst übernehmen, ideale Katzeneltern finden und mich in der Gewissheit trennen, dass es den Vieren in ihrem neuen Zuhause richtig gut geht.
Also schrieb ich diverse Anzeigen in diversen Marktplätzen, in denen die wichtigsten Eckdaten standen: Tierheimkatzen, UNGLAUBLICH süß, EINZIGARTIG, PERFEKT *räusper*, frühestens ab der 12. Woche in liebevolle Hände nach Zahlung einer Schutzgebühr abzugeben. Nur zu zweit oder als Zweitkatze selbstverständlich.
Gut, meine Anzeigen waren deutlich länger, hielten sich bei detaillierten Beschreibungen der Kleinen auf, damit auch ja jeder sieht, wie toll sie sind, und natürlich gab es auch einige Bilder dazu. Viel Text und bunte Bildchen sollten es den Lesern also leicht machen, sich umfassend zu informieren.
Trotzdem stellten sich die finalen Besitzer der Vier als echte Glücksgriffe heraus. Tatsächlich gab es nur 3 Interessenten, die auf mich den Eindruck machten, sie würden auf artgerechte Haltung Wert legen. Und einer davon war ich - objektiv kann ich mich zugegeben nicht selbst empfehlen, aber so ist es nun mal gekommen Ja, ich habe jetzt drei Katzen, und ich stehe dazu.
Lilly und Sid (die beiden rechts im Bild) sind zusammen vermittelt worden und wohnen jetzt bei den besten Katzeneltern ever, die für die zwei sogar ein Profil auf einer online Platform eingerichtet haben, damit ich immer schön sehen kann, wie es ihnen geht. Petals wurde als Zweitkatze vermittelt und wird nun eine Freigängern in einem Garten am Stadtrand mit Anschluss an ein großes Feld. Und Monk, der gähnende Kater ganz links, wurde von meinen beiden großen adoptiert und bleibt nun hier.
4) Was bleibt?
Nun, für mich bleibt die Erinnerung an eine ziemlich turbulente, aber auch intensive Zeit, in der ich nicht nur viel über Katzen, sondern auch über mich selbst gelernt habe. Würde ich mich wieder als Pflegestelle zur Verfügung stellen? Ja, aber unter anderen Bedingungen. Kompromisse in Sachen Ernährung und Vermittlung kann und werde ich nicht machen, das habe ich gelernt. Deswegen braucht es für mich auch einen Tierschutzverein, der, so engstirnig das jetzt auch klingen mag, meine Einstellungen teilt oder zumindest diskussions- und kompromissfähig ist. Und er sollte mir auch unbedingt die richtige Katzenstreu geben, denn bei vier Miezen sind solche Kleinigkeiten schnell wichtiger als man denkt...Es sei denn, man schätzt ein Leben in Matsch und Klumpen.
Ach ja, und eine Erkenntnis ist noch ziemlich präsent: Man mag sich allein und unabhängig dafür entscheiden, eine Katzenpflegestelle zu werden, aber ohne Unterstützung geht es nicht. Über das Tierheim hinaus braucht man verständnisvolle Familienmitglieder und Freunde, die sich nicht ob des akuten Zeitmangels grämen und auch tatsächlich einmal mithelfen (danke danke danke), und außerdem braucht man mehr als einen Ansprechpartner auf der rein fachlichen Ebene. Diese habe ich besonders in diesem Forum gefunden, denn es scheint sich nicht nur zum Sammelplatz für die Pflegeeltern von Flaschenkindern zu entwickeln, sondern es wird auch eindeutig der Wille zum kompetenten Ratschlag zum Wohl der Katzen über persönliche Befindlichkeiten gestellt. Großes Merci dafür.
The End.